Mehr als nur Beteiligungserträge: Wie Europa Holdingstrukturen steuert
Wer Dividendenströme und Veräußerungsgewinne effizient steuern will, braucht mehr als eine Holding. Die steuerlichen Regeln in Europa wirken als Filter – und als Signal.
Holdinggesellschaften gelten oft als neutrale Durchleiter – steuerlich effizient, funktional schlank, geopolitisch neutral. Doch wer sich in der EU umsieht, erkennt schnell: Eine Holding ist niemals nur eine Hülle. Sie ist Standortentscheidung, Steuerstrategie und Investitionssignal in einem.
Im Zentrum stehen zwei Fragen: Wie werden Dividenden und Veräußerungsgewinne behandelt? Und welche steuerlichen Rahmenbedingungen bestimmen, ob Beteiligungserträge in der Holdinggesellschaft weitgehend steuerfrei vereinnahmt werden können?
In Deutschland regelt § 8b KStG die weitgehende Freistellung von Beteiligungserträgen – allerdings mit dem bekannten 5-Prozent-Vorbehalt, danach im Ergbenis zu 95 Prozent steuerfrei. In der Praxis aber bleiben Risiken – etwa bei schädlichen Zwischengesellschaften oder bei Beteiligungsquoten unter 15%.
Andere Länder – wie Luxemburg oder die Niederlande – setzen auf Participation Exemption Systeme, die oft einfacher und transparenter erscheinen. Doch auch hier gilt: Die Details entscheiden. Mindestbeteiligungshöhen, Haltedauern, Anti-Missbrauchsregelungen und die konkrete DBA-Struktur sind in jedem Land anders ausgestaltet.
Das führt zu einem Paradox: Die steuerliche Behandlung von Beteiligungserträgen ist formal harmonisiert – faktisch aber ein Flickenteppich.
Und dieser Flickenteppich wird zunehmend strategisch genutzt:
Private Equity Fonds und Family Offices wählen Holdingstandorte mit Blick auf Exit-Flexibilität.
Konzerne analysieren, wo Repatriierungen von Gewinnen am wenigsten belastet werden.
Doch die Wahl der Holdingstruktur ist nicht nur steuerlich relevant. Sie ist auch reputationssensibel.
Spätestens seit BEPS, DAC6 und Pillar stellen sich neue Fragen: Wann ist eine Holding noch „substanziell“? Welche Rolle spielen Substance Requirements, Geschäftsleitung, Personal und tatsächliche Wertschöpfung?
Unser Eindruck aus der Beratungspraxis:
Viele Unternehmen verlassen sich zu sehr auf formale Freistellungsregelungen.
Wenige haben eine klare Strategie, wie sie steuerliche Vorteile absichern und verteidigen.
Was tun?
Wer Beteiligungserträge strategisch denkt, denkt in Szenarien – nicht in Gesetzestexten. Es geht nicht nur darum, heute Dividenden steuerfrei zu vereinnahmen, sondern auch darum, morgen flexibel verkaufen oder restrukturieren zu können – ohne steuerliche Überraschungen.
Eine moderne Holdingstruktur berücksichtigt:
die steuerlichen Rahmenbedingungen des Landes,
die internationale Positionierung des Konzerns,
die künftige Exit- oder Repatriierungsstrategie
– und nicht zuletzt: die Wahrnehmung durch Investoren, Behörden und Öffentlichkeit.
Fazit
Die Zeit der Standardlösungen ist vorbei. Wer Beteiligungserträge effizient steuern will, muss Standortpolitik, Substanzregeln und Steuerstrategie in Einklang bringen – und dabei immer einen Schritt weiterdenken.