Private Equity: Treiber der deutschen Wirtschaft und Wegbereiter für nachhaltige Transformation
Private Equity wird immer bedeutender für die deutsche Volkswirtschaft. Schon jetzt sorgen ihre Portfoliounternehmen für sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Sie werden effizienter geführt und wachsen deshalb schneller, weil sich die Fonds auf zukunftsweisende Wachstumsbranchen konzentrieren. Ja, das kann die De-Industrialisierung des Landes befeuern – aber auch für die nötige nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft sorgen
Manchmal gehen die Schlagzeilen für einen Private-Equity-Deal sogar weit über die Wirtschaftspresse hinaus. Fünf Jahre nach dem Einstieg in eines der traditionsreichsten deutschen Medienhäuser einigte sich ein amerikanischer Fonds mit dessen Vorstand darauf, den Verlag aufzuspalten. Auf der einen Seite soll das klassische journalistische Geschäft als Familienunternehmen verbleiben – mit über Jahrzehnten etablierten Print-Marken sowie Digitalangeboten für Wirtschaft und Politik. Auf der anderen Seite erhält der PE-Fonds dynamisch wachsende Portale wie eine digitale Jobbörse, eine Website für Preisvergleiche sowie verschiedene Plattformen für Kleinanzeigen, etwa zu Immobilien. Damit ziehen die Fondsmanager weiter. Vielleicht am Ende sogar noch mit einem Börsengang als potenziellem Exit.
Für den Verlag bedeutet der Fokus auf das mediale Kerngeschäft eine Rückbesinnung auf die Wurzeln des Unternehmens, wenngleich diese in Teilen mit einer Strukturkrise zu kämpfen haben. Der Fonds wiederum hat sich genau jene Segmente gesichert, die auch in Zukunft Profite und Entwicklungschancen versprechen. So gesehen, ist der geplante Deal geradezu paradigmatisch für die Private-Equity-Branche. Und eine Win-Win-Situation noch dazu
PE-Fonds haben ein ausgezeichnetes Gespür für Wertschöpfungspotenziale, für Wachstumsmärkte und -branchen. Nicht zuletzt deshalb entwickeln sich ihre Portfoliounternehmen hierzulande meist rascher und effizienter als inhabergeführte Unternehmen oder börsennotierte Konzerne, etwa aus der Industrie. Dank präziser Strategie und ihrer Flexibilität gewinnen Beteiligungsgesellschaften immer mehr an Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft. Darüber hinaus sind sie in der Lage, Investment-Trends zu setzen. Können sie letztlich sogar das Wesen des Wirtschaftsstandorts Deutschland verändern?
Private Equity steht für sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts
Von den gut 46 Millionen Beschäftigten in Deutschland arbeiten rund 1,5 Million für Portfoliounternehmen von nationalen und internationalen Private-Equity-Fonds; das sind mehr als drei Prozent. Und wenn man bedenkt, dass diese Firmen mit einem Umsatz von 293 Milliarden Euro für etwa sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts stehen, wird die immense Bedeutung der Beteiligungsgesellschaften für die deutsche Volkswirtschaft offensichtlich. Und allein in den vergangenen fünf Jahren konnten die PE-gemangten Unternehmen ihre Umsätze wie auch die Zahl ihrer Beschäftigten um je rund 50 Prozent steigern.
Nun ist auch diese Erfolgsgeschichte nicht frei von Rückschlägen. Betrachtet man die vergangenen 20 Jahre, so dauerte es bis 2017, bevor sich die Branche von der globalen Finanzkrise erholt hatte und wieder das alte Investitionsniveau erreichen konnte. Selbst Covid hat den folgenden kontinuierlichen Anstieg nur leicht bremsen können. In diese Zeit fielen auch Landmark-Deals wie der Verkauf von Thyssen-Krupp Elevator (17,20 Mrd Euro Unternehmenswert) oder Techem (4,6 Mrd). Erst die Zinswende und geopolitische Konflikte wie der Ukrainekrieg oder die Suez-Blockade halbierten das Investitionsvolumen von seinem Spitzenwert mit fast 20 Milliarden im Jahr 2021 auf zuletzt nur mehr etwas über 10 Milliarden. Vor allem die Akteure aus dem Bereich des Wachstumskapitals sind in dieser Phase zurückhaltend geworden. Immerhin: Für 2024 erwartet der Markt wieder eine leichte Verbesserung.
Portfoliounternehmen wachsen schneller
Neben den wichtigsten internationalen Private Equity Fonds gehören – gemessen an ihren Transaktionen – Auctus Capital Partners, die Deutsche Beteiligungs AG oder VR Equitypartner zu den wichtigsten Playern. Sie setzen ihre Suche nach Investitionszielen und Deals auch trotz der zwischenzeitlichen Baisse entschieden fort. Die jüngste Geschäftsentwicklung der Portfoliounternehmen bestätigt sie: Deren Umsatzwachstum im Zeitraum zwischen 2012 und 2023 beträgt 12,7 Prozent, der Durchschnitt des Wachstums sogar 14,7 Prozent. Die 70 im SDAX verzeichneten Konzerne kommen hingegen gerade mal auf 6,9 beziehungsweise 8,1 Prozent. Private-Equity-geführte Unternehmen erweisen sich somit als deutlich renditestärker und wachsen wesentlich schneller als börsennotierte Firmen.
Privat Equity ist deshalb auf mehreren Ebenen für die deutsche Wirtschaft relevant. Zum einen als makroökonomischer Treiber, zum anderen als Asset-Klasse für professionelle Anleger. Viele Lebensversicherungen und Pensionsfonds nutzen PE-Fonds als riskanteres, aber hochrentables Investment. Insofern haben die Erfolge und starken Renditen der Beteiligungsgesellschaften auch einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen.
Private-Equity-Investitionen orientieren sich an Zukunftsbranchen
Ein entscheidender Erfolgsfaktor von Private Equity ist, dass Fonds in den vergangenen Jahren ihren Investitionskorridor konsequent auf die sogenannte Asset-light-Klasse ausgerichtet haben und sich dabei von traditionellen Industrien abwenden. Schließlich haben sich kapitalintensive Branchen wie Maschinenbau, Chemie oder Automobil als äußert vulnerabel erwiesen gegenüber steigenden Energiekosten oder geopolitischen Konflikten und den damit verbundenen Lieferketten-Problemen.
Investitionen in die Sektoren Technologie, Medien und Telekommunikation dagegen sind erheblich vielversprechender und eher in die Zukunft gerichtet. Dieser Bereich umfasst Unternehmen aus der Medienbranche, der IT oder dem Kommunikationswesen – etwa Soft- und Hardware-Hersteller, Internetdienstleister, Telekommunternehmen sowie Medienhäuser und Streaming-Dienste. Hinzu kommen verschiedenste Servicebereiche, E-Commerce sowie der Gesundheitssektor in allen Facetten. Vor allem TMT-Investitionen besitzen doppeltes Wachstumspotenzial, weil sie stark von der Digitalisierung profitieren und innovative, skalierbare Geschäftsmodelle entwickeln. Diese Bereiche zeichnen sich durch ihre hohe Flexibilität aus und ihre Fähigkeit, neue Technologien wie künstliche Intelligenz, Cloud-Computing oder 5G-Netzwerke schnell zu adaptieren und umzusetzen.
Private Equity hat sich hierzulande als Motor der Wirtschaft etabliert und darf in diesem Kontext durchaus als Trendsetter betrachtet werden. Gleichwohl kann genau dieser Trend in der Konsequenz auch die ohnehin existierende De-Industrialisierung zusätzlich befeuern. Aber muss das unser Wirtschaftssystem zwangsläufig bedrohen? Immerhin stehen den Risiken wie Arbeitsplatzabbau und Verödung einzelner Regionen zugleich enorme Chancen gegenüber. Angefangen vom notwendigen ökologischen Umbau der Industriegesellschaft bis hin zur Konzentration auf Wachstumsbranchen, die neue hochprofitable Arbeitsplätze und somit Wachstum und nachhaltigen Wohlstand versprechen. Letztlich wird es Aufgabe der Politik sein, für die nötige Balance zwischen diesen Polen zu sorgen – und gleichzeitig verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen statt immer wieder einzugreifen. So bleibt der Standort Deutschland auch für Investoren attraktiv. Die Wirtschaft weiß schon, was sie ihrerseits zu tun hat.